Robin Sloan: Die sonderbare Buchhandlung des Mr. Penumbra (Buch)

Robin Sloan
Die sonderbare Buchhandlung des Mr. Penumbra
(Mr Penumbra’s 24-Hour-Bookstore)
Übersetzung: Ruth Keen
Heyne, 2015, Taschenbuch, 430 Seiten, 9,99 EUR, ISBN 978-3-453-41845-5 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Carsten Kuhr

Der Web-Designer Clay Jannon hatte seine Karriere eigentlich minutiös vorausgeplant. Dumm nur, dass es das Schicksal nicht wirklich gut mit dem jungen Mann meint und die Firma, für die er arbeitet, pleite geht. Jetzt braucht er einen Job - und der ist auch in San Francisco nicht einfach zu finden.

Eigentlich hat er ja mit Büchern nicht unbedingt viel am Hut, doch in der Not frisst der Teufel bekanntlich Fliegen, so dass er, als ihn der Buchhändler Penumbra fragt, was er in der Buchhandlung zu finden hofft, schlicht die Wahrheit sagt: Er sucht einen Job. Dann wird er aufgefordert von einem Buch zu erzählen, das er liebt; so ein merkwürdiges Vorstellungsgespräch hatte er noch nie.

Sei es drum, er bekommt die Nachtschicht von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr, die Miete ist gesichert. Doch was sind das für merkwürdige Kunden, die, selten genug, den Laden besuchen? Sie alle haben einen Mitgliedsausweis und sie alle wollen eines der Bücher aus den hinteren, deckenhohen Regalen die, Unikate bevölkern. ISBN sucht man hier vergebens und, auch wenn ihm dies verboten wurde, als Clay in die Bücher hineinschaut, findet er nur ein Kauderwelsch aus Zeichen, Zahlen und Buchstaben. Klar, ein Code, aber wer verschlüsselt eine ganze Bibliothek, bindet diese in unterschiedlichste Einbände und warum das Ganze?

Dass er jeden, der die Buchhandlung betritt und ein Buch ausleiht oder kauft - und das sind die Wenigsten -, in einer Kladde festhalten muss, könnte man noch als Spleen des Besitzers abtun, auch wenn die entsprechenden Almanache fast 100 Jahre zurückreichen. Doch woher kommen die verschlüsselten Werke, was steht darin verborgen? Gar nicht zu reden davon, wer die Buchhandlung, die kaum etwas verkauft, finanziert. Zusammen mit seinem Freund und einer neuen Bekannten, die bei Google arbeitet, macht er sich daran, die Geheimnisse zu ergründen…


Zunächst eine Warnung: Wer jetzt annimmt, dass er mit dem Roman in eine Thriller-mäßige Jagd nach verbotenen Kladden, Geheimgesellschaften und tödlichen Geheimnissen eintauchen wird, der ist hier am falschen Ort, respektive beim falschen Buch. Sloan erzählt eine auf den ersten Blick ganz unspektakuläre Geschichte. Auch erwartet den Leser keine Hommage an bibliophile Kostbarkeiten, verschüttete Gänge verschollener Bibliotheken sucht man ebenso vergebens wie rasante Verfolgungsjagden. Stattdessen, schließlich befinden wir uns im 21 Jahrhundert, tun wir und unsere Protagonisten das, was alle tun - sie fragen Google. Und das liest sich dann vordergründig fast schon wie eine geschickte Werbe-Kampagne für das kalifornische Weltunternehmen. Nicht nur die Firmen-Philosophie, die Art, wie dort gearbeitet und miteinander geforscht und gelebt wird, wird thematisiert, auch wesentliche Erkenntnisse hat unser Ich-Erzähler dem Einsatz des Google'schen Buchscanners zu verdanken.

Also ein Buch für die Tonne? Nein, weit gefehlt, denn der Autor hat in seine Handlung jede Menge unterhaltsamer Elemente einfließen lassen. Seien es die skurrilen Figuren: Nerds allesamt; verrückt, ein wenig manisch depressiv, dann wieder überbrodelnd nehmen diese gekonnt gängige Verhaltensweisen auf die Schippe. Dazu kommen ein hintergründiger Humor, und ein sehr angenehm zu lesender Stil. Unwillkürlich ertappt man sich als Leser dabei, wie man sich vorstellt, die Buchhandlung zu besuchen, in den meterhohen Regalreihen über die Einbände zu streichen und dem Geheimnis nachzuspüren.

Ein ganz klein wenig enttäuscht dann die Auflösung der Rätsel, dennoch gestaltete sich die Lektüre des Romans ebenso kurzweilig wie unterhaltsam.

Wer also einmal ein Buch sucht, dass nicht sinnlos eine Action-Szene an die nächste fügt, wer ein wenig sonderbare, liebevoll porträtierte Gestalten kennenlernen möchte und über Google-Werbung hinwegzulesen vermag, der ist hier an der richtigen Stelle.