Perry Rhodan 1: Die Kartografen der Unendlichkeit (Comic)

Kai Hirdt
Perry Rhodan 1
Die Kartografen der Unendlichkeit
Titelillustration und Zeichnungen von Marco Castiello
Cross Cult, 2016, 112 Seiten, 22,00 EUR, ISBN 978-3-86425-835-0

Rezension von Irene Salzmann

Im Jahr 3540 sind Perry Rhodan, einige seiner langjährigen Wegbegleiter und die ca. 10.000 Personen umfassende Crew der SOL in unbekannten Gefilden des Universums unterwegs. Sie suchen die Milchstraße und den schnellsten Weg zurück in die Heimat, der ihnen viele Jahrzehnte der Odyssee ersparen könnte. Zufällig stoßen sie auf eine Station der Skra‘bji, die mit einem gewaltigen Hohlspiegel das Universum erforschen und mit ihren gesammelten Daten vielleicht den entscheidenden Hinweis geben könnten.

Statt Hilfe zu erhalten, werden die Terraner jedoch in den Konflikt dieses Volkes mit den Herayan hineingezogen. Die Station wird zerstört, und ein einziger Skra’bji kann schwer verletzt gerettet werden. Der Mutantin Irmina Kotschistowa gelingt es, den Patienten einstweilen am Leben zu erhalten, aber er braucht dringend eine angemessene Versorgung. Als sie ihn in eine Klinik seiner Heimatwelt bringen wollen, müssen sie feststellen, dass es dort kaum noch Skra’bji gibt und andere Völker den Ton angeben. Dalaimoc Rorvic, ebenfalls ein Mutant, kann die Gestalt eines Skra’bji annehmen, sodass der Patient mittels einer Bluttransfusion gerettet wird.

Die Probleme der Völker jener Galaxie sind aber immer noch nicht gelöst, und schließlich muss Perry Rhodan eine schwere Entscheidung fällen.


Immer wieder wurde versucht, die Heftroman-Serie „Perry Rhodan“ durch eine Comic-Reihe zu visualisieren und sie auch schon für ganz junge Leser attraktiv zu machen. So richtig geklappt hat es nie, denn die Comics wurden im zwei-, vielleicht auch dreistelligen Nummernbereich irgendwann eingestellt, denn sie hatten mit den Inhalten der Romane nicht allzu viel gemein, die Zeichnungen waren von schwankender Qualität, und für den Preis hatte man am Roman einfach mehr zu lesen.

Mit den „Kartografen der Unendlichkeit“ ist 2015 ein neuerlicher Versuch gestartet worden, das seit den 80er Jahren doch sehr wichtig gewordene Medium Comic zu erobern. Ob es gelingt? Die zunächst in drei Einzelheften erschienene Story liegt mittlerweile als Hardcover-Sammelband vor, ohne Poster, Leserbriefe etc., dafür ergänzt mit einer Galerie - und wenigstens ein weiterer Band ist angekündigt.

Die Geschichte wurde in einer Zeit angesiedelt, in der das Generationenraumschiff SOL fern der Heimat unterwegs ist, was allerlei Möglichkeiten für Abenteuer bietet, die nicht mit der Handlung der Romanhefte kollidieren. Infolgedessen stoßen der Titelheld und seine Kameraden auf ein Volk, das ihnen eventuell bei der Suche nach dem schnellsten Weg in die Milchstraße behilflich sein kann. Aber stattdessen müssen sie Partei in einer Auseinandersetzung ergreifen, die weitaus komplizierter ist, als es zunächst den Anschein hat.

In dieser Angelegenheit bleibt Vieles an der Oberfläche, schon aus dramaturgischen Gründen. Und auch der Spannungsfunke mag nicht so recht überspringen. Die Dialoge wirken bemüht, teils auch unangebracht flapsig (fast wie in den letzten Tagen des Condor Verlags, als man den Übersetzern der Marvel-Comics ihre Lustlosigkeit angesichts der Kündigungen deutlich anmerkte, wenn sie mit Sprüchen wie „Aus die Maus.“ kamen, statt nach einer passenden Füllung für die winzigen Sprechblasen in den Taschenbüchern zu suchen).

Liest man im Kleingedruckten, dass die Story-Idee von Klaus N. Frick stammt, der schon seit Jahrzehnten mit „Perry Rhodan“ ‚verbandelt‘ und seit 1999 Chefredakteur der Serie ist, und die Geschichte von Kai Hirdt geschrieben wurde, der in den vergangenen Jahren diverse Romane („Jupiter“-Miniserie, „Perry Rhodan NEO“) verfasste, hätte man doch etwas mehr Authentizität erwartet, d. h., mehr Nähe zur Romanhandlung und der Charakterisierung der jeweiligen Figuren, auch wenn das im Rahmen weniger Seiten und kleinen Sprechblasen schwierig ist.

Was für die Geschichte gilt, trifft leider auch auf die zeichnerische Umsetzung zu. Dieser Perry Rhodan von Marco Castiello orientiert sich nicht an dem markanten „Sofortumschalter“, den man aus den früheren Zyklen kennt und schätzt, sondern an der italienischen Variante von Renato Casaro (genau, der mit dem hellblonden Perry und dem komischen Bein). Jedenfalls hat es schon gefälligere Darstellung des „Erben des Universums“ in Comics gegeben.

Aber noch schlimmer sind die Abbildungen von Gucky, dem Ilt beziehungsweise Mausbiber. Wie eine Maus-Biber-Mischung sieht er gewiss nicht aus, sondern wie ein Hamster mit Hundeschwanz. Sehr geehrter Herr Castiello, haben Sie jemals „Perry Rhodan“ gelesen und sich vor Ihrem Zeichen-Auftrag die Cover und Innenillustrationen von Johnny Bruck und Kollegen angesehen?

Irmina Kotschistowa, die stets als seriös beschrieben wurde, tritt in einem ‚nuttigen‘ Outfit auf, das man als Hommage an die „Perry“-Comics aus den 70ern mit all den hübschen Nackedeis verstehen kann (Sex sells), das aber ebensowenig wie die dümmlichen Sprüche zu dem Charakter, an den man sich erinnert, passt. Auch solche üppigen Hingucker können eine platte Handlung und eher mäßige Widergaben der Figuren nicht aufwerten.

Dalaimoc Rorvic ohne Tatcher a Hainu (und die zerbeulte Kaffeekanne) - wo gibt es denn so etwas? Womöglich ist man bei dem Tibeter noch am Ehesten an der Roman-Vorlage dran, und doch wirkt auch er wie ein Schatten seiner selbst.

Icho Tolot: Stimmen die Größenverhältnisse? Kommt mir nicht so vor. Auch über seine Fähigkeiten wird kein Wort verloren, sprich, Vorkenntnisse werden einmal mehr erwartet, was heißt, dass der Comic ungeeignet ist für Kinder und Neulinge.

Auch sehr auffällig ist, dass die Gesichter oft im Schatten liegen, als wäre sich der Künstler bewusst gewesen, dass er die Figuren nicht so hinbekommt, wie die Romanheft-Leser es erwartet haben. Oder hat er gepfuscht und keine Lust gehabt, das Bild nochmal zu zeichnen?

Nach der Lektüre des Comics ist man, auch wenn man „Perry Rhodan“ längst nicht mehr liest und die alten Hefte in guter Erinnerung behalten hat, also, eine gewisse Distanz aufbauen konnte, schwer enttäuscht. Das Mindeste wäre gewesen, dass sich Autor und Zeichner mit der Vita der Figuren und ihrem Aussehen befasst hätten, um eine überzeugendere Arbeit abliefern zu können; immerhin bekommen sie gutes Geld für den Job. Leider hat man den Eindruck, als wäre es den Beteiligten nur um das Geld gegangen, ohne dass sich einer die Mühe hätte machen wollen, sich vorher zu informieren, was man ja oft genug auch bei anderen Serien merkt, wenn ein neuer Autor etwas zusammenschustert, ohne auch nur einen Band gelesen zu haben.

Wäre schön, wenn sich die Beteiligten die Kritik der Leser zu Herzen nehmen würden, sonst wird diese Comic-Reihe wohl auch nicht sonderlich viele Bände, geschweige denn ein akzeptables Ende erfahren.