Stephen Baxter: Steinfrühling (Buch)

Stephen Baxter
Steinfrühling
Nordland-Trilogie 1
(Stone Spring. Northland-Trilogy Book 1, 2010)
Übersetzung aus dem Amerikanischen von Claudia Kern
Cross Cult, 2015, Paperback, 632 Seiten, 16,80 EUR, ISBN 978-3-86425-450-5 (auch als eBook erhältlich)

Von Christel Scheja

Seit 1987 veröffentlicht Stephen Baxter Romane und hat sich seither zu einem der bekanntesten und innovativsten britischen Autoren hochgearbeitet, die immer wieder mit ihren Science-Fiction-Romanen Aufsehen erregten. Mit der Nordland-Trilogie wendet er sich diesmal dem Subgenre des Alternativweltromans zu, einem Blick in die Vergangenheit, der sich damit beschäftigt, was gewesen wäre, wenn Menschen andere Entscheidungen getroffen hätten, auch schon in der Mittelsteinzeit, als die letzte große Eiszeit Nordeuropa noch ein ganz anderes Aussehen verlieh, so wie er in „Steinfrühling“ andeutet.

Ana lebt in Nordland, einer Landbrücke, die Albia, die Heimat der Pretani, und den Kontinent miteinander verbindet. Doch langsam aber sicher zeichnet sich ab, dass das Meer gnadenlos an den Küsten nagt und immer wieder ganze Teile davon verschlingt. Aber noch verschließen die Bewohner von Etxelur die Augen vor dem drohenden Verhängnis. Sie haben ohnehin schon genug damit zu tun, zu überleben, denn ihre Existenz ist hart und fordert immer wieder Opfer.

Anas Leben ändert sich grundlegend, als ihr Stamm durch einen Tsunami auseinandergerissen wird und sie dannauch noch einen Reisenden aus der fernen Stadt Jericho trifft. Der Mann, der mit den Händlern reist, erzählt ihm von mächtigen Mauern, die in der Lage sind, die wilden Fluten seines Meeres vom Land fernzuhalten.

Genau das bringt das junge und selbstbewusste Mädchen auf eine Idee. Warum sollen sie nicht auch einen Damm errichten um dem Schicksal zu trotzen und Etxelur zu retten? Gegen alle Widerstände verfolgt sie von nun an nur dieses Ziel, auch wenn sie sich dabei gegen Verbündete und Freunde, ja selbst die eigene Schwester stellen muss. Denn sie weiß, dass nur ihr Traum ihr Volk auf Dauer wirklich retten kann…

Sich Gedanken darüber zu machen, ob die Geschichte vielleicht einen anderen Verlauf genommen hätte, wenn ein paar Dinge anders gelaufen wären, ist immer spannend. Besonders wenn der Autor etwas aufgreift, was kaum bekannt ist. Immerhin sind sich Wissenschaftler durch Funde und Berechnungen mittlerweile einig, dass es während der letzten Eiszeit eine Landbrücke zwischen England und der norddeutschen Küste gegeben hat. Dieses „Nordland“ wird zum Schauplatz einer spannenden Geschichte, in der nicht nur unterschiedliche Kulturen aufeinander treffen, sondern auch sehr eigenwillige Menschen.

Denn Baxter konzentriert sich nicht nur auf Ana und ihre nähere Umgebung, er führt auch das Umfeld anderer wichtiger Personen ein, um ihnen Leben zu verleihen. So entsteht nach und nach ein schillerndes Panorama der Mittelsteinzeit, in der gerade erst einmal im Mittelmeerraum stadtähnliche Siedlungen entstanden und der Norden der alten Welt noch den Jägern und Sammlern vorbehalten war.

Die Geschichte selbst wird sehr verschlungen erzählt, so dass die Handlung eher behäbig voranschreitet. Dafür entsteht eine faszinierend fremde, aber durchaus glaubwürdige Welt vor den Augen des Lesers, in die er genau so fasziniert eintauchen kann. Spannung entsteht durch gelegentliche Konfrontationen und kleine Geheimnisse, die die Figuren mit sich herumtragen.
Alles in allem bedient Baxter natürlich auch die gängigsten Steinzeit-Klischees, um dem Leser die Vorstellung der Welt zu erleichtern und nicht noch mehr erklären zu müssen, so dass man bei der Lektüre nicht ins Stocken gerät. Am Ende führt er auch die einzelnen Handlungsstränge angemessen zusammen und stellt so die Weichen für die beiden kommenden Romane.

„Steinfrühling“, der erste Band der „Nordland“-Trilogie ist ein durchaus spannender Einblick in die Frühgeschichte unserer Welt, der die Weichen stellt um eine faszinierende alternative Geschichte zu erzählen, die durchaus glaubwürdige Wurzeln hat. Allerdings sollte man sich auf eine leider auch etwas behäbige Handlung mit sehr vielen Figuren einrichten, die manchmal nur für wenige Kapitel auftreten, aber ihren Teil dazu beitragen, um die Welt lebendiger zu gestalten.