Interviews

Im Gespräch mit: Manfred Weinland & Timothy Stahl

Die Einstellung der Bastei-Heftromanserie „Vampira“ in diesem Monat bedeutet gleichzeitig den Start der eBook-Serie „Bad Blood“. Unser Mitarbeiter Carsten Kuhr hat sich mit Manfred Weinland, der als Adrian Doyle bei „Vampira“ dabei war, und Timothy Stahl über das neue Projekt der Beiden unterhalten.

Vor Jahren habt ihr beide schon einmal eine Vampirserie gemacht. „Vampira“ lief sehr erfolgreich mehrere Jahre lang als Heft und Taschenpaperback. Danach schienen sich die beruflichen Wege ein wenig zu trennen. Timothy übersetzte, Manfred lektorierte. Wie kamt ihr auf die Idee, gemeinsam ein neues Projekt zu initiieren? Habt ihr euch privat wie beruflich immer im Auge behalten?

MW: Immer. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass sich das einmal ändert. Die Idee zu „Bad Blood“ hatte Timmy. Schon vor geraumer Zeit. In den Anfängen feilten wir schon mal telefonisch an ein paar Details zu der schon da sehr stimmigen, sehr geilen und mich sofort begeisternden Grundidee. Danach verschwand das Konzept erst mal in der Schublade, wo Timmy es aber immer mal wieder rausholte und weiter dran arbeitete. Als klar war, dass „Vampira“ in der Neuauflage doch etwas überraschend für alle Beteiligten vorzeitig das Handtuch schmeißen würde, trugen Timmy und ich uns zunächst mit dem Gedanken, die Taschenhefte so umzuarbeiten, dass sie als eigenständige eBook-Serie funktionieren könnten. Doch schon während erster Vorbereitungen wurde schnell klar, dass es mit „ein bisschen umändern“ nie und nimmer getan wäre. Daraufhin machte ich den aberwitzigen Vorschlag, doch gleich was Neues zu schreiben, eventuell basierend auf dem vorhandenen Konzept. Ich war mir fast sicher, dass Timmy mir die Idee ganz schnell wieder austreiben würde – allein schon, weil wir beide auch schon so eingespannt genug sind. Aber im Gegenteil: Er war Feuer und Flamme. Und nun machen wir’s also. Wider alle Vernunft und bestimmt nicht in dem Glauben, damit groß Kohle scheffeln zu können, brennt die alte Freude in uns, wieder gemeinsam an einer Sache herumzutüfteln und das Grundgerüst mit Leben zu erfüllen. Von mir aus kann das eine ganze Weile so weitergehen. Aber letztlich entscheidet natürlich auch bei einem solchen Konzept der Leser, wie lange es Sinn macht.

TS: So ganz haben sich unsere Wege ja auch gar nicht getrennt. Zum einen lektorierte Manfred etliche Übersetzungen, die ich gemacht hatte. Und zum Beispiel für die „Maddrax“-Spin-off-Serie „Mission Mars“ haben wir zusammen eine Trilogie geschrieben, und auch an der zwölfteiligen Kurzserie „2012 – Jahr der Apokalypse“ haben wir voriges Jahr beide mitgeschrieben. Da unsere „2012“-Trilogien aufeinander folgten, mussten wir da auch einiges zusammen austüfteln. Den Wunsch, „wieder mal was zusammen zu machen“, sprechen wir eigentlich bei jedem Telefonat aus. Da hatten wir im Lauf der Zeit schon etliches angedacht, konkret ist auch noch ein anderes Projekt in Arbeit, und gestern erst hat uns der Hafer gestochen, NOCH was anderes auszuprobieren. Dass gerade aus „Bad Blood“ jetzt Wirklichkeit wurde, liegt, wie Manfred schon sagte, daran, dass die Einstellung der „Vampira“-Neuauflage der Auslöser war und eines fast nahtlos ins andere überging.

Vampire boomen nach wie vor. Die „Twilight“-Romane beherrschen die Bestsellerliste und die große Leinwand, auf der Mattscheibe dominieren Serien wie „True Blood“ oder „Vampire Diaries“. Warum habt ihr euch dazu entschlossen, ausgerechnet noch eine Vampir-Reihe zu starten, dem Trend hinterherzulaufen, statt sich etwas wirklich Neues, etwas ganz Eigenes einfallen zu lassen? Wo seht ihr eure Lücke im bekannten Angebot?

MW: Ob wir einem Trend hinterher laufen, vermag ich nicht zu sagen. Uns begeistert die Story. Und wenn uns etwas begeistert, schauen wir selten nach rechts oder links auf das, was gerade „in“ ist. Was wir erreichen wollen, ist, dass die Freude beim Schreiben als Freude beim Leser ankommt. Und genau betrachtet tut eine weitere Vampirserie ja auch niemandem weh, oder? Wer es nicht mag, muss nicht reinschauen, und wer ein Freund solcher Geschichten ist, riskiert auch kein Vermögen, sich einen Eindruck zu verschaffen, ob die Serie etwas für ihn sein könnte.

TS: Der eine sagt, Vampire boomen nach wie vor, der andere meint, sie wären zumindest erst einmal wieder tot. Das ist uns, wie Manfred schon sagt, aber eh egal. Uns gefällt unsere Idee, und es gefällt uns, sie miteinander umzusetzen. Das ist in diesem Fall für uns erst mal alles, was zählt. Wir wollen Spaß an der Sache haben, und dieses Ziel haben wir schon erreicht. Ich muss aber auch gestehen, dass ich in den vergangenen Jahren immer wieder einmal daran gedacht habe, auf einen fahrenden Zug aufzuspringen, wenn es um Themen ging, die gerade „in“ zu sein schienen. Aber all diese Projekte blieben im ersten Exposé-Stadium stecken, weil sie eben „aus der Retorte“ kamen und keine „natürlichen Kopfgeburten“ waren. Abgesehen davon könnte man wahrscheinlich zehn Leute aus der Verlagsbranche fragen, was denn gerade „gut laufe“ oder was das „nächste große Ding“ sein könnte, und würde mindestens fünf verschiedene Antworten bekommen. Ich bin inzwischen wirklich überzeugt: Wenn eine gute Geschichte gut erzählt wird (wobei die gute Geschichte schwerer wiegt als der gute Stil, in dem sie erzählt wird, auch dafür gibt es viele Beispiele), dann wird diese Geschichte früher oder später auch einen Abnehmer finden. Egal, ob sie thematisch en vogue ist.

Nun bedient ihr mit „Bad Blood“ ja einen auch für euch ganz neuen, unbekannten Markt. Zum ersten Mal startet ein großer Publikumsverlag nicht einfach einen Roman kapitelweise im eBook, sondern eine ganze Serie, die ausschließlich im eBook-Format erscheint. Ist das die Zukunft für die ein wenig darbende Heftroman-Szene?

MW: Ich fürchte, du hast da etwas missverstanden. „Bad Blood“ startet bei keinem Verlag, sondern wird ganz allein von uns beiden, Timmy und mir, betreut und über die einschlägigen Plattformen verbreitet. Wir sind also, wenn man so will, unsere eigenen Bosse – und gleichzeitig die „Schreibsklaven“. ;o) Den Heftroman als solchen, oft totgeredet, wird es meines Erachtens tatsächlich nicht mehr allzu lange geben. Da könnte das eBook den Bedarf nachwachsender Generationen an „Popcorn-Literatur“ decken. Für Projekte, die auf Qualität in der Umsetzung Wert legen, kann es sogar von Vorteil sein, nicht automatisch als „Heftchen“ abqualifiziert zu werden.

TS: Ja, „Bad Blood“ ist unser ganz eigenes Baby. Das heißt aber auch, um mal bei diesem Bild zu bleiben, dass wir nicht nur die stolzen Väter spielen dürfen, die ihren Stammhalter mal im Park spazieren fahren und das war's dann, nein, wir müssen auch die Windeln wechseln und den Hintern abwischen, sprich, all die Arbeiten selbst erledigen, die einem im anderen Fall der Verlag abnimmt. Und da läppert sich ordentlich was zusammen. Ich gehe auch davon aus, dass sich der Stoff, der bis dato im Heftroman angeboten wurde und noch wird, zunehmend in das Format eBook verlagern wird. Der Bedarf an leicht verdaulicher, schnell zu lesender, spannender Lektüre besteht ja immer noch. Und übers eBook kann endlich wieder eine jüngere Generation, die den Heftroman als solchen gar nicht mehr kennt, darauf aufmerksam werden. Aber da muss man dann natürlich auch Romane und Serien anbieten, die erfolgreiche Entwicklungen zum Beispiel aus Film und Fernsehen widerspiegeln, anstatt alte Kamellen nur neu anzustreichen.

Wie arbeitet ihr – immerhin lebt ihr einige tausend Kilometer auseinander – zusammen? Teilt ihr die Arbeit kapitelweise auf, schreibt jeder seinen Handlungsstrang, wie haltet ihr das mit dem Brain-Storming, geschieht dies via Skype?

MW: Skype? Hm. Ich bin da – noch – ein Technikverweigerer. Timmy drängt zwar, dass ich mir das endlich mal einrichte, und … na ja, ich werde mich wohl über kurz oder lang dazu breitschlagen lassen. Bislang läuft alles via eMail oder Telefon. Und wie wir es seit jeher gewohnt sind, übergeben wir uns das Staffelholz vorzugsweise mitten in einem Kapitel. Getrennte Stränge kommen selten vor. Es ist viel schöner, sich in die Vorgabe des anderen hineinzudenken und hineinzuwurschteln.

TS: Früher wohnten wir ja auch ein paar hundert Kilometer voneinander entfernt und trafen uns nur gelegentlich im Verlag oder auf Cons. Ansonsten lief die Absprache auch per Telefon. Das hat sich also nicht sehr geändert, im Gegenteil, es ist dank des Internets und seiner Möglichkeiten sogar noch komfortabler geworden. Und wenn Manfred sich jetzt endlich mal Skype einrichtet (was KEINE KUNST ist! ;-), dann wird's noch besser. (Wir überlegen hier zurzeit ernsthaft, unseren privaten Festnetzanschluss aufzugeben.)

Ohne zu viel verraten zu wollen, steht ein Ex-Marine im Mittelpunkt der Handlung. Warum nehmt ihr euch einmal mehr die USA als Handlungsbühne? Wäre ein GSG9-Soldat und Garmisch nicht auch eine Option gewesen? Oder geht Deutschland gar nicht?

MW: Bei mir persönlich besteht da eine Hemmschwelle, die ich nicht mal genau definieren könnte. Die Staaten oder England – natürlich auch Australien, siehe „Vampira“ – vermitteln mir beim Schreiben einfach mehr Atmosphäre, als wenn ich die Story in Castrop-Rauxel spielen lassen würde – jetzt nichts gegen Castrop-Rauxel, liebe Leute!

TS: Geht mir genauso. Theoretisch hat die Vorstellung, eine solche Geschichte oder Serie in Deutschland anzusiedeln, schon einen gewissen Reiz. Aber irgendwie haftet ihr für mich eben auch etwas Biederes und Miefiges aus. Ich glaube mich aber zu erinnern, dass wir kurz mal London als Schauplatz angedacht hatten und auch Wien, wenn ich mich nicht irre. Allerdings macht ein ganz entscheidendes Element der „Bad Blood“-Grundidee den Schauplatz Amerika – oder genauer gesagt: New York – auch zwingend erforderlich.

Für die optische Gestaltung konntet ihr Arndt Drechsler gewinnen. Bekommt er von euch ein Exposé, oder nach welchen Vorgaben erstellt er dann das jeweilige Cover zum Roman?

MW: Arndt ist ein Spitzenkönner, ein Künstler, der sehr wenige Vorgaben braucht. Auch sehr wenige Vorgaben will. Ich kann mich nicht erinnern, einmal von ihm enttäuscht worden zu sein. Die Cover der einzelnen Serienfolgen werden ja, bis auf die Nummerierung und die Farbgebung, identisch sein. Die hat er bereits komplett fertiggestellt. Ebenso ein Logo als Kapiteltrenner. In der ersten Folge sind noch zwei Illus, die aber nur bei Bedarf und wenn’s „passt“ eingebaut werden.

TS: Arndt ist ein Glückstreffer für uns. Für mich ist er der Größte unter den aktuellen Cover-Gestaltern in der Szene und Branche. Als wir seine Cover-Entwürfe für „Bad Blood“ bekamen, war das noch mal ein richtiger Motivationsschub für uns.

Alle vier Wochen soll ein neuer Roman erscheinen. Wie weit habt ihr schon vorausgeplant, wohin wird die Reise gehen?

MW: Durchgeplant, wenn auch nicht im Detail, ist die komplette Staffel. Das Konzept wird immer wieder von uns ergänzt, aber das ist Feinarbeit, die sich beim Schreiben und nebenbei ergibt. Versprechen können wir schon mal, dass „unsere“ Vampire auf einer wahrlich neuen Entstehungsgeschichte basieren – auch wenn sie auf den ersten Blick den klassischen Handlungsmustern folgen. Mehr zu verraten, wäre doof. Lasst euch überraschen!

TS: Wir haben auch keine exakte Episodenzahl festgelegt. Warum auch? Die Geschichte läuft, bis sie zu Ende ist. Und wenn uns zwischendurch noch ein guter Dreh oder Abzweig einfällt, werden wir den doch nicht untern Tisch fallen lassen, nur weil wir dann eine Folge zu viel hätten. Aber die Reise geht, über kurz oder lang, zurück zum Ursprung „unserer“ Vampire – denn was ihre Entstehung damals verursacht hat, wirkt auch heute noch und spielt eine ganz entscheidende und fast endlos ausbaubare Rolle. Und mehr verrat' auch ich nicht. ;-)


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