Interviews

Im Gespräch mit: Jennifer Estep

Mit den beiden Reihen „Mythos Academy“ und „Elemental Assassin“ hat sich die US-amerikanische Autorin Jennifer Estep jenseits und diesseits des Atlantiks eine große Leserschaft erarbeitet. Im Vormonat erschien nun beim Piper-Label ivi der Auftaktband einer weiteren Reihe: „Das eisige Feuer der Magie“. Unser Mitarbeiter Carsten Kuhr hat die Gelegenheit genutzt und sich mit Jennifer Estep unter anderem über den ersten Band von „Black Blade“ unterhalten. Seine Besprechung zu dem Roman findet sich an dieser Stelle, das Interview wenn Sie auf Weiterlesen klicken.

 


Hallo Frau Estep, willkommen in Deutschland. Können Sie uns zum Warmwerden zunächst ein wenig von sich erzählen?

Danke für das nette Willkommen. Ich habe einen Abschluss in Englisch und habe darüberhinaus Journalistik studiert. Zunächst habe ich nach dem Studium bei einer Tageszeitung gearbeitet, seit rund fünf Jahren widme ich mich dem Schreiben als Vollzeit-Job. Ich habe es, wie viele, die dieses Interview lesen werden, immer geliebt, meine Nase in Bücher zu stecken. Meine Mutter hat mich als Kind immer einmal die Woche in die örtliche Bibliothek mitgenommen und so wuchs ich Zeit meines Lebens mit bedruckten Seiten auf. Eines Tages überkam es mich dann - ich wollte meine eigenen Geschichten mit von mir erdachten Gestalten erzählen. In den Sommerferien während des College schrieb ich meinen ersten Roman und habe seitdem mit dem Schreiben nicht mehr aufgehört. In meiner Freizeit treffe ich mich gerne mit Freunden, lese immer noch viel, und gehe gerne in Kino. Zur Entspannung mache ich regelmäßig Yoga.

Was lesen Sie denn am liebsten?

Gegenwärtig wächst mein zu lesen Stapel in unerreichte Höhen. Da liegen gerade 40 Bücher, wobei ich mich nicht auf ein bestimmtes Genre beschränke. Ich lese alles durcheinander, Fantasy, Romanzen, Thriller, Western und auch mal eine Graphic Novel. Gerade freue ich mich ganz besonders auf Leigh Bardugos „Six of Crows“ und „Hidden Huntruss“ von Danielle L. Jensen.

An was werkeln Sie gerade?

Gerade gehe ich mit dem neuen Manuskript zum dritten „Black Blade“-Roman schwanger. Das Buch wird „Bright Blaze of Magic“ heißen und Ende April nächsten Jahres erscheinen. Neben der Überarbeitung dieses Manuskripts wartet der nächste Elemental-Assassin-Roman darauf, geschrieben zu werden. Meine Fans können mir da fast schon über die Schulter schauen - ich veröffentliche auf meiner Internetseite immer wieder Appetithäppchen.

Nun fällt auf, dass Sie ihren Lesern immer Serien anbieten, nie Einzelromane. Warum?

Das liegt daran, dass ich selbst am liebsten Serien lese. Ich liebe es, denselben Helden in ihre unterschiedlichen Abenteuer zu folgen, mitzuerleben, wie sie sich angesichts der Gefahren, die sie überstehen, verändern. Das erinnert mich dann immer an das Gefühl, einen alten Freund wieder zu treffen. Man kennt sich, weiß den anderen einzuschätzen, wird aber dennoch von dessen Entwicklung überrascht.

Mittlerweile haben Sie eine ganze Reihe von Büchern veröffentlicht. Hat sich bedingt durch die Erfahrung, die Sie hier sammeln konnten, ihre Herangehensweise an ein neues Buchprojekt geändert?

Natürlich habe ich meinen Arbeitsprozess gestrafft und weiß inzwischen genau, was bei mir am besten funktioniert. So sind die Arbeitsabläufe, wenn ich einen neuen Roman beginne, eigentlich immer dieselben: Ich lasse mir meine Heldin einfallen, überlege mir ihre besonderen Stärken, ihre Gabe und wie sie mit diesen ausgestattet den bösen Buben Mores lehrt. Am Beginn des Schaffensprozess steht dabei immer meine Erzählerin. Wer ist sie, wo kommt sie her, wie hat sie ihre Herkunft geprägt, in welcher Welt lebt sie, was erwartet sie von ihrem Leben, sind die ersten Fragen, die ich mir stelle. Wenn ich diese Grundinformationen beisammen habe, baue ich meinen Plot um diese Figur herum auf. Seltener ist es so, dass ich eine Idee für eine Handlung habe und nach einer passenden Protagonistin suche.

War es für Sie einfach, im Buch-Business Fuß zu fassen?

Nein, wirklich nicht. Ich schrieb über einen Zeitraum von sieben Jahren ein gutes halbes Dutzend Bücher und versuchte, die Manuskripte bei einem Verlag unterzubringen. Die Absagen füllten meinen Briefkasten bis obenhin, bis ich dann endlich mit „Karma Girl“ einen Vertrag ergattern konnte. Es geht eben nicht immer über Nacht, man muss hartnäckig sein, an sich selbst arbeiten und darf den Mut nicht verlieren, wenn es nicht auf Anhieb klappt.

War von vorneherein klar, dass es sich bei den Romanen um den Auftakt einer Serie handeln würde und wieviele Romane haben sie jeweils geplant?

Ich denke immer in Handlungsbögen, die sich über diverse Bücher hinziehen, so dass ich für mich eigentlich immer davon ausgehe, dass ich eine Figur über mehrere Bücher entwickeln kann. Alles Weitere ist zunächst offen, das entscheidet sich dann auch, wie die jeweilige Reihe inhaltlich voranschreitet, wie sich die Gestalten entwickeln und meiner Auslastung mit neuen Projekten.

Neben der „Mythos Academy“-Serie sind sie bei uns insbesondere über Ihre „Elemental Assassin“-Serie bekannt geworden. Hier wenden Sie sich an ein deutlich älteres Publikum. Wie kam es zu dieser Reihe, auf wieviele Bücher ist sie ausgelegt?

Ich fand als Leser Romane, in denen Assassinen eine wesentliche Rolle spielten, immer faszinierend. Es gibt eine solch große Vielzahl von Plots, die sich in Verbindung mit Attentätern auftun, dass ich dies einfach für mich nutzen wollte. Stellen sie sich doch vor, wie man diese Menschen anlegen kann - da gibt es den eiskalten Killer, für den alles nur ein Geschäft ist, dann den verrückten Killer, der eine perverse Befriedigung aus dem Tat zieht, oder den Attentäter, der aus hehren Motiven zur Waffen greift. Ich wollte einfach mal ausprobieren, was ich aus solch einem Charakter würde machen können, und schon kam mir Gin in den Kopf. Inzwischen bin ich in meiner Heimat bei Band 14 angekommen - anscheinend mögen sowohl meine Leser als auch die Verlage das Topic.

In „Black Blade“ setzten Sie eine Diebin in den Führersitz; anscheinend mögen sie Figuren, die sich in etwas zwielichtigen Bereichen betätigen?

Ich liebe es, über dunkle Helden zu schreiben. Lila und Gin sind beide Anti-Helden. Sie machen Dinge, die allgemein verpönt sind, dies aber aus nachvollziehbaren Gründen. Die Welt, in der sie jeweils angesiedelt sind, ist eine sehr gefährliche Welt. Hier sind sie gefordert, sich in einer sehr gewalttätigen Umgebung durchzusetzen und sie schaffen dies. Außerdem liebe ich es über Kämpfe zu schreiben. Die rasante Action liegt mir, und beide Protagonistinnen bieten mir die Gelegenheit, genau das zu. Auch fordert es mich, über solch zwielichtige Gestalten zu schreiben - sie so zu zeichnen, dass sie für den Leser akzeptabel, vielleicht gar liebenswert sind, dass sie nachvollziehbar agieren.

Die „Black Blade“-Reihe ist ihre zweite All-Age-Reihe. Hat der Erfolg um die Mythos Academy Sie dazu verleitet, sich erneut einem eher jüngeren Publikum zuzuwenden?

Ich habe es sehr genossen, über die Mythos Academy zu fabulieren. Ich mag es, für junge Erwachsene zu schreiben, weil es mir die Möglichkeit eröffnet über das Erwachsenwerden zu schreiben, zusammen mit meiner Heldin ihre Welt zu erkunden, den Platz für sie darin zu suchen und ihre erwachenden Kräfte zu erforschen.

Wird es für Sie als Autorin im Lauf der Zyklen einfacher, eine Serie zu schreiben?

Das Schreiben eines Buches ist nie einfach. Das meinen die Leser oftmals, doch der Beginn ist immer am Schwierigsten, einfach weil ich im Auftaktband einer Serie all die Möglichkeiten aber auch die Begrenzungen, die ich in den nächsten Bänden beachten muss, festzurre. Sobald ich das Fundament gelegt habe, kann ich mich in den nächsten Teilen dann ganz meiner Welt und den Figuren widmen.

Wo schreiben sie?

Ich habe mir zu Hause ein Arbeitszimmer eingerichtet, in dem ich ganz in Ruhe ohne jegliche Ablenkung mich ganz auf meinen Text konzentrieren kann. Also keine Rituale, keine Musik, sondern nur ich und die Tastatur. Es dauert dann so drei bis vier Monate bis die erste Version eines Romans steht. Dann kommen die Überarbeitungen, die Kürzungen oder auch mal das komplette Umschreiben einer Szene, die Korrektur der Fahnen, so dass es insgesamt wohl neun Monate bis zu einem ganzen Jahr dauert, bis ein Buch soweit fertig ist, dass ich es meinen Lesern präsentieren darf.

Gibt es das, dass Sie selbst von dem Fortgang der Handlung überrascht werden, dass sich der Plot verselbstständigt?

Ja, das gibt es schon einmal, dass ich dann mitten im Galopp die Pferde wechseln muss. Aber das ist etwas, das den allermeisten Autoren passiert.

Gibt es schon Pläne, eine Ihrer Reihen zu verfilmen?

Leider nicht, aber wie sagt man so schön, die Hoffnung stirbt zuletzt.

Wie sieht ein typischer Tag im Leben der Jennifer Estep aus?

Das Schreiben ist ein Beruf wie jeder andere. Ich stehe auf, schalte den Computer an und beginne zu arbeiten. Mittags mache ich dann eine Pause, dann geht es wieder bis abends an den PC. Abendessen, manches Mal, wenn die Termine drängen danach nochmals ans Manuskript - Sie sehen also, nichts wirklich Sensationelles. Als Autor benötigt man vor allem zwei Sachen, Fleiß und Selbstdisziplin.

Vielen Dank, dass Sie sich für uns Zeit genommen haben.

Ich habe zu danken - viel Spaß beim Lesen!