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US-Boxoffice: Kleine, haarige Füße können sehr weit tragen

Im Auenland kann man heute beruhigt schlafen gehen: "Der Hobbit: Eine unerwartete Reise" erfüllte die in ihn gesetzten Erwartungen (eine Garantie dafür gibt es nie...) und spielte weltweit zum Start 223 Millionen Dollar ein. Davon knapp 85 Millionen in den USA, was zwar trotz 3D-Aufschlägen weit von Sommer-Startrekorden entfernt ist, aber immerhin den besten Dezember-Start in den USA überhaupt darstellt. Eines ist damit jetzt schon sicher: Die beiden bereits abgedrehten weiteren Teile können von den Machern somit beruhigt und ohne Einschränkungen angegangen und für den Kinoeinsatz Ende 2013 respektive im Sommer 2014 zu Ende produziert werden.

Viel wichtiger noch als die Einspielzahlen dürfte ein anderer Wert für die Macher gewesen sein: Der über die letzten Jahre immer wichtiger werdende Wert der Umfragen des Instituts Cinemascore in den USA. Dieses befragt Zuschauer nach den Vorstellungen repräsentativ und drücken das Ergebnis in Schulnoten aus. Abseits von Marketing-Hype und Filmkritikern kann hier das Publikum ungeschminkt seine Meinung sagen. Und die fiel eindeutig aus: Eine glatte Note 1 (ein so genanntes "A-Rating" in den USA) des Publikums spricht eindeutig dafür, dass das Publikum im Gegensatz zu vielen Kritikern offensichtlich keinerlei Probleme mit der massiven Laufzeit von 169 Minuten und der Aufteilung eines kleinen Kinderbüchleins über drei lange Filme hatte. Eine solche Note 1 bedeutet aber vor allem eine Bestnote in der wichtigsten Währung für einen Film: Gute Mundpropaganda, eminent wichtig über und für die nun folgenden, ausgesprochen einspielstarken Festtage am Ende des Jahres. Auch wenn also der erste "Hobbit"-Film weit von Einspielzahlen von "Die Tribute von Panem – The Hunger Games"und "The Dark Knight Rises" mit zwischen 150-160 Millionen Dollar oder gar "Marvel's Avengers" mit 207 Millionen Dollar entfernt startete, und auch unter den hoch angesetzten Erwartungen zwischen 90-100 Millionen Dollar blieb, ist es durchaus möglich, dass der Film zwischen 300-350 Millionen Dollar (das vierfache seines Startergebnisses, außerhalb der Weihnachtszeit ist ein solcher Multiplikator so gut wie unmöglich) oder mehr alleine in den USA einspielt, was immerhin für den drittumsatzstärksten Film des Jahres (nach dem Dunklen Ritter und den Rächern) ausreichen würde.

Während die Tolkien-Verfilmungen bisher nie durch Startrekorde auffielen und das Hobbit-Startergebnis an sich durchaus beeindruckend ist, darf man im Vergleich zu den "Der Herr der Ringe"-Filmen vor zehn Jahren allerdings die Tatsache nicht verhehlen, dass trotz drastisch gestiegener Ticket-Preise plus 3D-Aufschläge und dem Rückenwind, den der Hobbit durch den Nimbus der Vorgänger-Trilogie für sich in Anspruch nehmen konnte, der Abstand zu den damaligen Startergebnissen geringer ausfiel, als man vielleicht vermuten könnte. Obwohl die Rückkehr vieler der damaligen Stars und die Person des Regisseurs Peter Jackson für Kontinuität, ja quasi einer Verlängerung des "Der Herr der Ringe"-Erlebnisses standen. Was dafür spricht, dass vielleicht doch einige Zuschauer die Auswalzung des Stoffes auf weitere drei Drei-Stunden-Filme nicht so goutierten, wie sich die Macher das gewünscht hätten. Wobei es in einigen Boxoffice-Kolumnen, auch auf großen Seiten, mit Verlaub, albern ist, für ein gedämpftes Startergebnis die Laufzeit verantwortlich zu machen – und das zwei Jahrzehnte, nachdem sich Multi- und Megaplexe durchgesetzt haben und Blockbuster versetzt teilweise im Viertelstundentakt zeigen: Dabei wird allzu gerne übersehen, dass zum Beispiel ein Film wie "The Dark Knight Rises", der fast exakt so lang wie der erste "Hobbit"-Teil ist (lediglich vier Minuten Unterschied), trotzdem im Sommer astronomische 161 Millionen Dollar in nur drei Tagen alleine in den USA zum Start holte. Wie oben schon gesagt. Den Titel "Blockbuster des Jahres" wird Peter Jacksons neues Epos den Avengers nicht streitig machen können, aber ein exzellenter dritter oder sogar zweiter Platz in der Jahresendauswertung ist nun durchaus in Reichweite, egal ob man nur die USA oder das weltweite Einspiel betrachtet.

Alle weiteren Filme liefen in den USA eher unter ferner liefen: "Die Hüter des Lichts" stehen nach vier Wochen bei für so einen Film eher mäßigen 71 Millionen Dollar, "Skyfall" steht bei fantastischen 272 Millionen Dollar (hundert Millionen Dollar mehr als jeder der Vorgänger mit Daniel Craig) nach sechs Wochen, "Breaking Dawn – Biss zum Ende der Nacht, Teil 2" steht bei ebenfalls exzellenten 277 Millionen Dollar nach fünf Wochen und der Animationsfilm "Ralph reicht's" steht nach sieben Wochen bei sehr ordentlichen 169 Millionen Dollar.

Selbst wenn die erste Verfilmung des populären Krimi-Helden Jack Reacher mit Tom Cruise nächste Woche hervorragend startet, wird sie es gegen einen sehr starken "Hobbit" schwer haben, der das Weihnachts- und Jahresendgeschäft wie seine Vorgänger nach Belieben dominieren wird. Nächstes Weihnachten 2013 steht dann der zweite Teil an, selbstverständlich flankiert von einer bereits angekündigten Extended Edition des ersten Teils (ca. 20-25 Minuten länger, also dann ungefähr 190 Minuten lang), anders als bei der Vorgängertrilogie startet der dritte und letzte Hobbit-Film aber nicht ebenfalls im Jahresabstand, sondern bereits im Sommer 2014.

Text: Oliver Naujoks