H. P. Lovecraft u.a.: Das Haar der Medusa - Horrorgeschichten 1930-1932 (Buch)

H. P. Lovecraft u.a.
Das Haar der Medusa
Horrorgeschichten 1930-1932
Übersetzung: Usch Kiausch und Malte Schulz-Sembten
Festa, 2017, Hardcover, 336 Seiten, 29,99 EUR, ISBN 978-3-86552-571-0 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Carsten Kuhr

Auch der zweite Band (von drei) der Geschichten, die der Einsiedler aus Providence zusammen mit anderen Autoren verfasst hat, wartet wiederum mit einer aufsehenerregenden Optik und Haptik auf. Neben dem in Lederoptik gehaltenen Umschlag wurde der Einband selbst mit einem phantastischen Motiv Dean Sameds veredelt. Das Bild zeigt eines betörende Frau, deren Haare sich tentakelähnlich nach hinter winden - das Bild einer Medusa. Wie gute Übung bei den Hardcover-Ausgaben des Festa Verlages, sind Lesebändchen und handwerklich vorbildlicher Druck selbstverständlich.

Im Gegensatz zu den früheren, im ersten der drei Bände gesammelten Kollaborationen erweisen sich die Novellen in diesem Buch als weit typischer für Lovecrafts eigene Texte. Hier kann er frei fabulieren, immer wieder tauchen Hinweise, ja mehr noch die Großen Alten selbst auf, und auch seine typische, oft kopierte und nie erreichte Art zu erzählen wird immer deutlicher sichtbar und prägt die Texte.


Und gleich die erste, längere Erzählung handelt von einer Hexe mit besonderem, hüftlangem schwarzem Haar. Auf einer Südstaaten-Plantage kommt ein liegengebliebener Autofahrer in einem verfallenen Anwesen einem dunklen Familiengeheimnis auf die Spur; Cthulhu mischt sich hier mit dem Medusa-Motiv - eine ebenso überzeugende, wie gruselige Story.

Eine Geistergeschichte aus einem Indianer-Reservat bildet dann den Auftakt zu der umfangreichsten Novelle. Ein Wissenschaftler macht sich daran, die Geister-Erscheinungen auf einem künstlich aufgeschütteten Hügel zu erkunden. Dabei stößt er auf das Manuskript eines spanischen Konquistadoren von vor 400 Jahren, in dem dieser von seiner Reise in die Unterwelt berichtet. Das dort lebende, (Cth)Tulu huldigende humanoide Volk hat die Sterblichkeit überwunden, kann sich entstofflichen und weiß mehr über die Geschichte der Welt, als die Menschheit je vergessen hat. Einst kamen sie mit ihren Herren von den Sternen, jetzt leben sie verborgen im von blauen Polarlicht beschienen Untergrund in goldenen Anwesen… - eine Hammer-Story, die uns Lovecraft pur zeigt.

Ein alter Spiegel - man munkelt, dass er einst einem berüchtigten dänischen Hexer gehört haben soll -, erweist sich für einen Internatszögling als Tor in die Gefangenschaft. Nur sein fürsorglicher Lehrer könnte ihn denn retten - allein, wird er die Zeichen zu deuten wissen?

Das menschliche Gehirn ist schon etwas Besonderes. Nach einem Sturz unter der Dusche vermeint ein Angehöriger der Hautevolee Stimmen zu hören - mehr noch, er vernimmt Geräusche einer vernichtenden Schlacht. Der Besuch bei einem Ohrenarzt führt ihn in die Behandlung eines Psychologen, der seine realistischen Träume von einer anderen Zeit, einem anderen Ort ernst nimmt. Auf seiner letzten Traumreise besucht er die einstige Wiege der Zivilisation - den sagenhaften Kontinent Mu…

Wer kennt es nicht, Madame Tussauds Wachsfigurenkabinett? Jemand, der für die Herstellung der Wachsfiguren verantwortlich zeichnet, macht ein eigenes, kleines Museum für die Liebhaber des Makabren, des Besonderen, des Furchterregenden auf. In einer Abteilung, die streng nur für Erwachsene zugelassen ist, präsentiert er Monster der äonenalten Art - woher er wohl seine Inspiration bezieht?

In der letzten Geschichte des Bandes geht es um Gewaltverbrechen, genauer gesagt um Mord. Allerdings ist dies nicht ganz so einfach festzustellen, sind die Opfer doch versteinert. Ist etwa eine leibhaftige Medusa in den einsamen Hügeln unterwegs, oder wer steckt hinter den Versteinerungen?


Anders, als im ersten Sammelband der Geschichten, die der Träumer aus Providence zusammen mit anderen Verfassern geschrieben hat, ist vorliegend die typische Handschrift des Meisters weit deutlicher sichtbar. Immer wieder tauchen die Großen Alten in den Beiträgen auf, wird auf bekannte Erzählungen Bezug genommen.

Insbesondere die ersten beiden Beiträge zeigen uns hier eine Lovecraft in Bestform, sind eine Entdeckung und alleine schon den Obolus des Bandes wert.


Inhalt:
H. P. Lovecraft und Zealia Bishop: „Das Haar der Medusa“
H. P. Lovecraft und Zealia Bishop: „Der Hügel“
H. P. Lovecraft und Henry S. Whitehead: „Die Falle“
H. P. Lovecraft und Henry S. Whitehead: „Bothon“
H. P. Lovecraft und Hazel Heald: „Das Grauen im Museum“
H. P. Lovecraft und Hazel Heald: „Der Mann aus Stein“