Die Abenteuer von Tanguy und Laverdure - Gesamtausgabe 8: Der Spion, der vom Himmel kam (Comic)

Die Abenteuer von Tanguy und Laverdure - Gesamtausgabe 8
Der Spion, der vom Himmel kam
(Operation Freiheit, Tödliche Mission, Der Spion, der vom Himmel kam, 1981-1984)
Text: Jean-Michel Charlier
Zeichnungen: Jijé/Joseph Gillain & Patrice Serres
Übersetzung: Horst Berner, Peter Daibenzeiher
(Les Aventures de Tanguy et Laverdure - L’intégrale 8: L‘ espion venu du ciel Delta, 2001)
Ehapa, 2011, Hardcover, 144 Seiten, 29,95 EUR, ISBN 978-37704-3413-8

Rezension von Irene Salzmann

Im Vorgänger-Album wurde mit der Episode „Das geheimnisvolle Geschwader“ ein neuer Handlungsbogen begonnen, der hier in zwei weiteren Teilen, „Operation Freiheit“ und „Tödliche Mission“, fortgesetzt wird.

In „Operation Freiheit“ kommt es zu einem Künstlerwechsel, denn Jijé, dem Albert Uderzo als Zeichner vorausgegangen war, verstarb 1980 plötzlich. An seine Stelle tritt für mehrere Abenteuer Patrice Serres, der unter anderem die Serien „Yves Sainclair“, „Kim Wolf“ und „Qin“ illustrierte.

 

Michel Tanguy und Ernest Laverdure haben neue Jobs bei einer Firma gefunden, die Spezialaufträge durchführt. Schnell erkennen sie, dass sie genau für jene arbeiten, mit denen sie nichts zu tun haben wollten, nämlich mit dem Geheimdienst. Allerdings befinden sie sich bereits mittendrin im Schlamassel und müssen mitmachen, um sich, ihre Begleiter und eine entführte Geologin aus dem Tschad zu retten.

Infolgedessen gehen die Unterhändler zum Schein auf die Forderungen der Rebellen ein und liefern ihnen Waffen, die zuvor unbrauchbar gemacht wurden. Während die Übergabe stattfindet, wird das Lager der Rebellen von einem Söldner-Trupp überfallen und die Geologin befreit. Obwohl sich ein Verräter unter den Begleitern der Piloten befindet, können Tanguy und Laverdure mit den Überlebenden des Unternehmens entkommen.

Jetzt jedoch zeigt sich ein weiterer Agent, der an den Forschungsergebnissen der Geologin interessiert ist, und will die Piloten auf einen neuen Kurs zwingen. Tanguy und Laverdure wissen, dass es für sie alle aus Libyen kein Entkommen gibt und täuschen eine Notlandung auf dem Wasser vor. Die Agentin durchschaut den Trick, springt mit der Geologin im letzten Moment ab und lässt eine Handgranate im Flugzeug detonieren…


In der titelgebenden Geschichte „Der Spion, der vom Himmel kam“ wollen Tanguy und Laverdure ihren Dienst quittieren, weil sie hereingelegt wurden. Ihre Chefin, Carol Fuller, vermag die beiden jedoch bei ihrer Ehre zu packen, denn diesmal soll lediglich der Leichnam eines verstorbenen Kameraden aus Kombala nach Frankreich überführt werden. Natürlich ist das lediglich ein Vorwand, denn die Passagiere sind angewiesen, von der Luft aus Aufnahmen von geheimen Anlagen anzufertigen. Der Diktator ahnt, dass die Gäste seines Landes Spione sind, interniert alle und beschlagnahmt das Flugzeug.

Die Abenteuer der Titelhelden sind länger geworden, außerdem sehr komplex und hochdramatisch. Es gibt keinen Leerlauf, und sogar Laverdures Scherze halten sich in angenehmen Grenzen, da Albernheiten in bestimmten Situationen nicht auflockernd sondern störend wirken würden.

Die Themen entsprechen ganz dem, was die Menschen beziehungsweise Leser zu Beginn der 80er Jahre bewegte: der Kalte Krieg, Diktatoren in Afrika (Muammar al-Gaddafi, Idi Amin, Jean-Bédel Bokassa etc.), Wirtschafts- und Militärspionage, geheime Einsatztruppen, die dort operieren, wo Diplomatie chancenlos ist.
Entsprechend ist auch die Darstellung der Akteure. Auf der einen Seite stehen die ehrbaren Helden wider Willen, die in Konflikte hineingezogen werden, deren Ausgang mit großer Wahrscheinlichkeit tödlich ist. Notgedrungen arbeiten sie mit Agenten und Söldnern zusammen, die ihre eigene Art von Ehre besitzen, jedoch deutlich skrupelloser vorgehen. Aber noch viel schlimmer ist die Gegenseite, die fanatisch ihre Ziele verfolgt und für die ein Menschenleben nichts zählt. Es ist eine harte Männerwelt, in der Frauen entweder die traditionelle Rolle des zu beschützenden Schmuckstücks an ‚seiner‘ Seite innehaben, oder sie sind fiese Agentinnen, noch übler als ihre Kollegen, denen es vor allem um den persönlichen Profit geht.

Tatsächlich hat sich an all dem nicht viel geändert, vergleicht man „Die Abenteuer von Tanguy und Laverdure“ mit jüngeren Comic-Reihen, die im selben Genre angesiedelt sind. Die Erzähltechniken mögen mittlerweile etwas ausgefeilter sein, die Motivation der Protagonisten vielschichtiger, doch damit die Story funktioniert, wird weiterhin auf bestimmte Archetypen und Rollenklischees zurückgegriffen.

Der Zeichnerwechsel findet ohne nennenswerte stilistische Veränderungen statt. Die Gesichter sind etwas kantiger, Laverdures Kinn noch länger geworden. Eine kleine Hommage an den Kollegen Morris und an Agatha Christie hat Serres eingebaut, denn eine Figur, Casimir Boirot, hat optisch Joe Dalton („Lucky Luke“) als Vorbild und lässt sich Hercule nennen.

Dass jene Leserschaft, die mit Manga/Anime und Superhelden aufgewachsen ist, nach spannende Piloten- und Agenten-Abenteuern greift, die in einer Zeit angesiedelt sind, in der Mancher noch nicht einmal geboren war, ist zu bezweifeln. Zielgruppe der Sammler-Edition sind in erster Linie männliche erwachsene Leser, die „Die Abenteuer von Tanguy und Laverdure“ noch von früher kennen und die sich freuen, die Serie komplett in einer schönen mehrbändigen Ausgabe erneut lesen zu dürfen.