New Avengers 3 (Comic)

Al Ewing
New Avengers 3
(New Avengers (2015) 12-18, 2016/2017)
Übersetzung: Michael Strittmatter
Titelbild: Julian Totino Tedesco
Zeichnungen: Carlo Barberi, Paco Medina, Juan Vlasco u.a.
Panini, 2017, Paperback, 156 Seiten, 16,99 EUR, ISBN 978-3-7416-0138-5

Rezension von Irene Salzmann

Der vermögende Mutant Roberto da Costa alias Sunspot hat ein neues Avengers-Team aufgebaut und als Support-Team die einstige Verbrecher-Organisation AIM angeschlossen, die er aufkaufen konnte und von denen etliche wissenschaftliche Mitarbeiter überzeugt wurden, künftig für ihn zu arbeiten. Nach den jüngsten Aktionen wird das Team jedoch von SHIELD voller Misstrauen beobachtet.

Die Regierungsbehörde entsendet Clint Barton alias Hawkeye und Melissa Gold alias Songbird als Doppelagenten, um die wahren Plänen von Roberto herauszufinden, von dem angenommen wird, dass er künftig die Ziele von AIM verfolgen wird. Darüber ist Roberto natürlich im Bilde, und er hat Gegenmaßnahmen getroffen. Womit er hingegen nicht gerechnet hat, ist, dass einer von Nick Furys treuen Gefährten, Dum Dum Duggan, dessen Persönlichkeit nach seinem Tod in Robotkörpern fortlebt, von einem Agenten manipuliert wurde, sodass diese in Scharen die Mutanten angreifen.

Als wäre das nicht schon schlimm genug, versucht auch der Schöpfer, bei dem es sich um den bösen Reed Richards aus dem untergegangenen Ultimativen Universums handelt, seine Macht auszuweiten und greift die New Avengers an. Ob Roberto, der noch ein Ass im Ärmel hat, gegen das skrupellose Genie bestehen kann?


Die New Avengers erleben gegenwärtig genau das, was für Mutanten seit Jahren gang und gäbe ist, obwohl nur einige ihrer Mitglieder zum Homo Superior gehören, während die übrigen ihre Talente auf andere Weise erlangt haben. Die Kombination aus besonderen (Mutanten-) Fähigkeiten, überlegener Technologie, Geld und Einfluss macht den Menschen Angst, und die staatlichen Behörden wollen in ihrem Kontrollwahn lieber zerstören als mit einer solchen Gruppe, die ihre Eigenständigkeit behalten will - schon um sich vor (staatlichem) Missbrauch zu schützen -, gegen gemeinsame Feinde zu kooperieren.

Infolgedessen bekommt es das Team um Roberto da Costa gleichzeitig mit SHIELD zu tun und mit dem Schöpfer inklusive dessen Helfer. Beide Angreifer operieren äußerst skrupellos und ohne Rücksicht auf Menschenleben, was man zwar von Verbrechern wie dem Schöpfer und der WHISPER-Gruppe erwartet, denen es um Macht und andere persönliche Vorteile geht, doch möchte man bei Regierungsorganisationen immer noch gern glauben, dass sie zum Wohl ihres Landes bzw. der ganzen Menschheit arbeiten.

Der Comic verdeutlicht, dass das Misstrauen (in der Realität) gegenüber den Behörden tief sitzt. Längst sind viele Organisationen zu einem eigenen Staat im Staat geworden, und die Mitarbeiter sorgen sich in erster Linie um ihren Aufstieg in der Hierarchie, die Festigung ihrer Position und den Erhalt oder die Mehrung von Privilegien. Für sie heiligt der Zweck die Mittel; wer gefährlich ist, muss ausgeschaltet werden, Kollateralschäden werden in Kauf genommen. Ihren eigentlichen Aufgaben kommen sie bloß am Rande nach, und dass sie eigentlich dem Volk dienen sollten, steht bloß aus dem Papier. Sie haben Macht und lassen sich von ihr korrumpieren.

Zwar hat Roberto seine Feinde erkannt und ist gerissen genug, um Gegenmaßnahmen zu ergreifen, doch die Kooperation mit ehemaligen AIM-Wissenschaftlern hat, auch wenn die neuen Angestellten offenbar loyal zu ihm stehen, ein ‚Geschmäckle‘, denn lange genug wollten deren Führungskräfte die Welt erobern, kämpften gegen Iron Man, Captain America, die Avengers und andere.

Bislang stand Roberto stets auf der richtigen Seite, aber die Frage drängt sich auf, ob auch ihn seine Möglichkeiten nicht eines Tages verführen könnten. Schon andere sind in ihrem Forschungsdrang oder in ihrem Streben, die Welt zu verbessern, zu weit gegangen, seien es Henry Pym, der Ultron erschuf, jene X-Men und Guardians, die den Schwarzen Vortex benutzten, die Illuminati bei ihrem Versuch, die eigene Erde zu retten, usw. usf.

So weit ist die Handlung allerdings noch nicht gediehen. Einstweilen befasst sich Roberto mit den naheliegenden Problemen und der Realisierung seiner Zukunftspläne: American Intelligence Mechanics, AIM. In Letztere sind nicht alle seine Freunde eingeweiht, und einige sehen sich aus verschiedenen Gründen auch nicht länger als Mitglieder des Teams. Ein Neubeginn unter dem Titel „U.S.Avengers“ wurde angekündigt.

Die Zeichnungen, obschon von zwei verschiedenen Pencilern, sind sehr homogen und recht gefällig, dazu stimmungsvoll koloriert.

Wenn man die Lektüre ohne Vorkenntnisse beginnt, findet man schnell hinein, da sich alles, was man wissen muss, aus der Handlung ergibt. Allein den Überblick über die verschiedenen Charaktere zu behalten, ist etwas schwierig, vor allem wenn man entweder nur die älteren oder jüngeren Figuren und deren Hintergründe kennt. Einige Bezüge kann man bloß erahnen. Infolgedessen ist der Titel für Gelegenheitsleser nur bedingt geeignet. Gefallen die Ideen und Illustrationen, sollte man mit Band 1 beginnen und überlegen, ob man auch die Folgeserie lesen möchte, in der ein zum Teil neues Team aufgestellt wird.