Die neuen X-Men 3 (Comic)

Dennis Hopeless, Rex Ogle
Die neuen X-Men 3
(All New X-Men (2016) 12-16 + Annual 1 (II), 2016/2017)
Übersetzung: Jürgen Petz
Titelbild: Mark Bagley
Zeichnungen: Mark Bagnely, Andrea Broccardo
Panini, 2017, Paperback, 124 Seiten, 14,99 EUR, ISBN 978-3-7416-0128-6

Rezension von Irene Salzmann

Nachdem die Beziehung von Wolverine und Angel schon ziemlich am Ende schien, finden die beiden doch wieder zueinander bei einer Art ‚Abenteuer-Trip‘, bei dem Wolverine sich eigentlich hatte abreagieren und gleichzeitig lokale Probleme lösen wollen. Dabei kam ihr immer jemand zuvor mit besten Absichten. Ihre Wertschätzung zeigt sie Angel ausgerechnet inmitten von Dämonenhorden.

Derweil sucht Iceman nach seinem Coming Out einen Partner, wobei Genesis und Oya ihn tatkräftig unterstützen wollen. Natürlich geht das völlig schief, doch der Zufall lässt ihn einen gewissen Romeo kennenlernen, der für eine dicke Überraschung gut ist, vermutlich aber auch für spätere Konflikte.

Derweil langweilt sich Cyclops, der sich noch immer von den Verletzungen erholt, die er sich im Kampf gegen Toad zugezogen hat, grenzenlos. Irgendwie ist es für ihn wie ein Playstation-Game, als er versucht herauszufinden, was Beast Geheimnisvolles in seinem Labor treibt. Diese Bemühungen werden jedoch mit Leichtigkeit abgewehrt.

Und dann sind sie auch schon da: die Dämonenhorden der Goblin Queen. Die jungen X-Men vereinigen ihre Kräfte, um den mächtigen Gegner zurückzudrängen, während Beast, der eingefleischte Wissenschaftler, verzweifelt nach einer Lösung für die magische Bedrohung sucht. Welchen Preis er dafür zahlen muss, bleibt abzuwarten.

Unabhängig von der Hauptgeschichte ist die abschließende Annual-Geschichte zu betrachten. Hier sieht sich Danielle Moonstar, die zwar ihre ursprünglichen Fähigkeiten als Mutantin verloren hat („House of M“), jedoch nach dem Fall von Asgard aufgrund eines Handels mit Hela ihre Walküren-Kraft zurückerlangte, einer Mutantin gegenüber, der aufgrund einer Erkrankung der Tod immer näher kommt und die in ihrem Wahn ihre Kräfte missbraucht.


Die vorliegenden Episoden der „neuen X-Men“ sind relativ in sich abgeschlossen, sodass sich der Band auch dann gut lesen lässt, wenn man die vorherigen Geschehnisse nicht kennt. Zwar geht es nahtlos weiter, doch zunächst darf man den Aktionen einzelner Mitglieder folgen, die sich um ihr Privatleben kümmern, welches gerade ziemlich auf dem Kopf steht, bevor sie zusammen gegen einen alten Feind kämpfen, der schon mehrmals für tot gehalten wurde, aber immer wieder auftaucht:

Madelyne Pryor ist die erste Frau von Cyclops (dem alten) alias Scott Summers. Nachdem er sie für die zurückgekehrte Jean Grey (Marvel Girl) und „X-Factor“ verließ, sie den gemeinsamen Sohn Nathan Summes alias Cable verlor und herausfand, dass sie lediglich ein Klon von Jean ist, geschaffen von Mr. Sinister, wechselte sie die Seiten und wurde zur Goblin Queen und zeitweilig auch zur Red Queen des Hellfire Clubs und Hellfire Cults sowie zu einem Mitglied der Sisterhood of Mutants. Bei den Lesern erfreut sie sich nach wie vor großer Beliebtheit, sodass sie immer wieder aus der Versenkung geholt wird und wie aktuell auf der Erde Chaos mit ihren Dämonen stiftet.

Damit ist im Prinzip der Spannungsteil auch schon abgehakt, denn für die X-Men sind auch reichliche Soap-Anteile wichtig, und gerade dieser Mix sorgt für eine unterhaltsame Lektüre.

Die persönlichen Probleme der Teenager sind nachvollziehbar und berühren. Beispielsweise akzeptiert der junge Iceman seine Homosexualität sehr viel früher als sein erwachsenes Alter Ego, der erst nach mehreren gescheiterten Beziehungen die Möglichkeit in Betracht zu ziehen beginnt, dass sein Interesse eigentlich Männern gilt. Angel leidet darunter, dass sich Wolverine immer wieder unnötig in Todesgefahr begibt. Zwar überlebt der Klon des Originals (Logan/James Howlett) aufgrund ererbter Heilungskräfte nahezu alles, doch empfindet sie trotz allem Schmerzen und ängstigt ihren Freund. Warum nur? Umgekehrt verfügt auch Angel über eine dunkle Seite, die er in Schach hält und deren Ausmaß Wolverine nicht zu erfassen vermag, sodass sie durchaus der Katalysator sein könnte, wenn er die Beherrschung verliert.

Beast ist weiterhin davon überzeugt, dass die jungen X-Men in ihre eigene Zeit zurückkehren müssen. Seine jüngsten Zeitreise-Experimente verliefen bisher genauso fruchtlos wie die seines älteren Pendants. Nun scheint er sich ein neues Problem aufgebürdet zu haben, dessen Konsequenzen noch nicht ersichtlich sind.

All das zieht das Publikum in den Bann und macht neugierig, wie es weitergehen wird. Die kurze Episode mit Danielle Moonstar, die aus dem Zusammenhang gerissen wirkt, kann nicht mithalten, denn sie ist schon zu Ende, bevor man den Figuren und ihren Motiven auch nur nähergekommen ist. Ein typischer Heft-Füller, um eine bestimmte Seitenzahl zu erreichen.

Zeichnerisch vermögen sowohl Mark Bagley („The New Warriors“, „The Amazing Spider-Man“, „Justice League of America“) als auch Andrea Broccardo („Dr. Strange/Punisher“, „Civil War II“, „The Amazing Spider-Man“) zu überzeugen, denn ihre Bilder sind sehr gefällig im idealistisch-realistischen Stil. Nicht bloß Action-Szenen sondern auch ruhige, handlungsarme Motive vermögen beide abwechslungsreich dazustellen.

„Die neuen X-Men“ ist eine Serie, die momentan viel Spaß macht, weil die Handlung Spannung und persönliche Konflikte im Wechsel bietet, zudem die Illustrationen sehr schön sind, so wie man sich das von den „X“- (und eigentlich allen Superhelden-) Serien wünscht. Band 3 arbeitet einige bereits angesprochene Probleme teilweise auf und stellt die Weichen für neue, kann aber auch von Gelegenheitslesern problemlos nachvollzogen werden.